Institutionelle Berücksichtigung junger und zukünftiger Generationen

Fellow Tilman Ziel reichte folgenden Textvorschlag für den Koalitionsvertrag 2021 an Unterhändler der Ampel-Koalition ein:

Textvorschlag für den Koalitionsvertrag

„Wir wollen die Zukunft nachhaltig und generationengerecht gestalten, indem wir unsere demokratischen Institutionen weiterentwickeln. Langfristige und generationenübergreifende Herausforderungen wie die Klimakrise, der Biodiversitätsverlust, die Ethik der künstlichen Intelligenz oder auch die Suche eines Endlagers für radioaktive Abfälle zeigen, dass wir eine starke Stimme der jungen und zukünftigen Generationen im demokratischen Entscheidungsprozess brauchen. Wir werden ein Modell zur angemessenen institutionellen Berücksichtigung der jungen und zukünftigen Generationen entwickeln und umsetzen.“

Hintergrund:

Um vor allem die Klimakrise effektiv zu bewältigen, müssen heutige und zukünftige Generationen im politischen Gestaltungsprozess gleichermaßen berücksichtigt werden. Dies gelingt nur, wenn wir unsere demokratischen Institutionen in den nächsten Jahren nicht nur bewahren, sondern auch zeitgemäß weiterentwickeln um sowohl heutiges als auch künftiges wirtschaftliches, soziales, ökologisches und kulturelles Wohlergehen zu ermöglichen. Dazu gehört auch die Orientierung an regionalen, nationalen und internationalen „best-practices“.

Junge und zukünftige Generationen sind von den institutionalisierten Formen demokratischer Willensbildung weitgehend ausgeschlossen, obwohl sie von den heutigen politischen Entscheidungen stark betroffen sein werden. Um dem entgegenzuwirken können für die junge Generation Jugendräte etabliert werden, um sie in wichtige Entscheidungen einzubeziehen, ihr Engagement und politisches Interesse zu fördern und ihre kreative Energie zu nutzen. Beispiele sind der Aufbau eines Rates der jungen Generation in der Endlagersuche für hochradioaktive Abfälle, Jugenddelegierte wie bei den Vereinten Nationen sowie Kinder- und Jugendparlamente. Eine deutliche Ausweitung dieser Gremien sollte, im Sinne der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention[1], erfolgen.

Zukünftige Generationen können hingegen noch nicht direkt teilhaben, sodass ihre Interessen auf anderen Wegen institutionell in den politischen Entscheidungsprozess eingebracht werden müssen. Seit 1993 nimmt die Anzahl von Institutionen zur Berücksichtigung zukünftiger Generationen auf verschiedenen Ebenen zu. Dazu gehört die zukünftige Generationen Kommissarin in Wales (https://www.futuregenerations.wales/), die Ombudsperson für zukünftige Generationen in Ungarn (https://www.ajbh.hu/en/web/ajbh-en/dr.-gyula-bandi),  der parlamentarische Ausschuss für die Zukunft in Finnland (https://www.eduskunta.fi/EN/valiokunnat/tulevaisuusvaliokunta/), und der kürzlich angekündigte neue Sonderbeauftragte für zukünftige Generationen bei den VN (https://www.un.org/sg/en/node/258971).

Eine institutionalisierte Berücksichtigung junger und zukünftiger Generationen in Deutschland ist in Anbetracht der Gegenwartsorientierung unserer Demokratie aufzubauen, um die langfristigen Herausforderungen unserer Zeit adäquat zu adressieren. Dies fördert zugleich die Jugendpartizipation und nachhaltige demokratische Innovationen auf Regional-, Landes- und Bundesebene.

[1] Dort heißt es in Artikel 12 Abs. 2: „Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter.“

Kontakt: Tilman Ziel, email: t.ziel [at] zukunftsgerechtigkeit.de